Ein viel zu warmer Tag im Februar. Wir kommen von unserem Ausflug heim, die Großeltern genießen noch eine Tasse unseres unverschämt guten Cafés, während sie Mini in ihrem Zimmer bespaßen. Nachdem Mama sämtliche Überbleibsel des täglichen Durcheinander in Geschirrspüler, Schrank, Waschmaschine und Co. verstaut hat, gesellt sie sich zu ihnen. (Ja, manchmal spreche ich von mir selbst in der dritten person. Oft, eigentlich. Ist so ein Mama-Ding, kennt ihr.) Ich beobachte die drei.
Dann schießt mir das letzte Jesper Juul Interview durch den Kopf. Die mahnende Überschrift „Hört auf, die Kinder für alles zu loben“ schiebt sich wie eine graue Wolke vor meine Gedanken. Mini ist ins Spiel vertieft und freut sich übers Feedback ihrer Großeltern. Sie baut einen Turm und zeigt dann stolz darauf. „Super!“, klatscht ihre Oma. „Das kannst du aber gut!“, pflichtet Opa bei. So geht es weiter.
Liebevolles Lob aus der Gießkanne
Irgendwann beginnt meine Hirn-Wolke Regentropfen zu produzieren: „Habt ihr mich eigentlich auch so oft gelobt?“, frage ich und unterbreche damit das Spiel. Die Großeltern zucken mit den Schultern und sehen sich an: „Eigentlich schon. Wenn du was gut gemacht hast. Du hast dich ja immer darüber gefreut.“
Ich überlege nicht lange und schieße hervor: „Weil das angeblich schlecht fürs Kind ist.“
Fragende Blicke. Das war forsch.
Ich versuche, meine deftige, klugscheißerische Aussage irgendwie zu begründen und liefere Sätze, die mit „In diesem Artikel habe ich gelesen…“ und „Laut dieses und jenes Buches…“ beginnen. So red ich doch eigentlich gar nicht?
Minis Großeltern rechtfertigen sich betroffen und ehe ich mich versehe, sitze ich in einer Situation, die sie sich überhaupt nicht verdient haben. Sie sind tolle Eltern und Großeltern – wie oft denke ich mir, dass ich mir die sprichwörtliche Scheibe von ihnen abschneiden sollte – und nun sind sie verunsichert und besorgt. Opa sagt: „Ich verstehe dich, aber ich kann das nicht anders.“ und Oma überlegt: „Vielleicht liegt es auch daran, wie sehr man ein Kind liebt. Ich muss meine Liebe ja zum Ausdruck bringen, ich bin so stolz auf sie, wenn ihr etwas gelingt.“
Ich seufze.
Mit meiner nicht durchdachten Aussage über mein ach so bedachtes Vorgehen bei meinem Kind habe ich zwei aufrichtig liebende, wundervolle Menschen vor den Kopf gestoßen.
„Gut gemacht.“, denke ich zynisch.
Mama liest zu viel: Zwischen Berufskrankheit und Verantwortung
Ich entschuldige mich und versichere, dass die Hauptsache ihre Liebe ist. Ich füge erklärend hinzu, dass es mir meist recht leicht fällt, meine Sprache und mein Feedback meinen „erzieherischen“ Vorstellungen anzupassen, da ich es von meiner Lehrtätigkeit in der Erwachsenenbildung gewohnt bin. Ich lebe den Unterschied zwischen „beschreibendem“ und „bewertendem“ Feedback in meinem beruflichen Alltag. Freilich kann ich meine Worte im Umgang mit meiner Tochter – wenn ich das möchte – dahingehend anpassen.
Die Sache ist, dass ich Jesper Juuls Ansätze großteils gutheiße, dass sie mir einleuchten. Genauso wie die Ausführungen von Alfie Kohn in seinem lesenswerten Buch „Liebe und Eigenständigkeit“. Es gibt dazu eine ausführliche Rezension online.
Ich schreibe gerne und ich lese nunmal viel. Das war immer schon so, wenn mich etwas sehr interessiert hat. Dieses „Etwas“ ist nun das abenteuerliche Experiment Mutterschaft – meine Lebensaufgabe, Lebensinhalt und Lebenssinn.
Hinzu kommt erschwerend, dass man mich mit dem vermeintlichen Argument: „Bei uns hat sich auch niemand so viele Gedanken gemacht und wir sind auch groß geworden.“ nicht fangen kann: Nur groß werden reicht nicht!
Viele Eltern bemühen sich und viele Kinder werden zu guten Menschen. Aber – keine Neuigkeit – einige auch nicht. Unsere Kindheit formt unser Erwachsenendasein maßgeblich und jetzt, wo es an mir liegt, ein Kind zu begleiten, setzt mich das unter Zugzwang.
Ich wünsche mir für meine Tochter ein selbstbestimmtes, großteils glückliches Leben. Und ich wünsche mir, dass die Welt durch sie ein besserer Ort wird.
Denn sie kann ein schöner Ort sein, für uns persönlich, wenn wir Glück haben. Die Welt als großes und Ganzes, mit ihrer Masse an Menschen, ist das aber nicht. Noch nicht.
In diesem Sinne: Ja, ich kann vieles falsch machen als Mutter. Sehr vieles.
Davor habe ich Angst.
Wo bleibt das Bauchgefühl?
Das Ergebnis ist die pure Überanalyse.
Wenn die Kleine schreit und heult, weil ihr etwas nicht recht ist, höre ich die Stimmen diverser Entwicklungspsychologen in meinem Hirn fast noch lauter, als sie. Statt meinem Gefühl zu vertrauen, erwische ich mich immer öfter dabei, überhaupt nicht mehr auf mich zu achten.
Was sagt dein Bauch, Mama? Was sagt dein Herz?
Ich möchte die Buchstaben aus meinem Hirn löschen, einzeln ausradieren, wenn es sein muss. Aber das geht nicht. Vor allem in angespannten Situationen, die meine ganze Aufmerksamkeit erfordern und meine ganze Ruhe, sind sie wieder da.
Wie oft wünsche ich mir da ein schlichtes „Ich kann das aber nicht!“, wie’s mein Vater so salopp formulierte, gefolgt von jener Handlung, die mir mein Innerstes gerade ans Herz legt.
Was ist mein Anspruch an mich selbst?
Ich werde weiter viel lesen, das gehört einfach zu mir. Es gilt aber, das Gelesene kritisch zu bewerten und vor allem zu reflektieren: Passt das zu mir als Mutter und zu uns als Familie? Ich möchte jene Ansätze übernehmen, die für mich stimmig sind. Nicht zu allem „Ja“ sagen und auch nicht alles ablehnen.
„Jeder Mensch ist einzigartig.“ ist eines meiner liebsten Paradoxa. Es ist hier so herrlich passend: Keine Studie dieser Welt, keine noch so renommierte Entwicklungspädagogin, keine Autorin, kein erfahrener Elternteil kann genau wissen, was wir gerade brauchen.
Nur wir wissen, wie wir funktionieren.
Deshalb wissen auch nur wir, wie viel Lob wir wann ausschütten oder ob wir es nur tröpfchenweise vergießen, damit es langsam sickern kann, wie die Tautropfen an den Grashalmen eines so warmen Februarmorgens.
Ein Leitwolf im Praxistest
Inspiriert zu diesem Artikel haben mich Jesper Juuls Erziehungstipps im Praxistest, wie sie Nadia Meier kürzlich im Tagesanzeiger so urkomisch formulierte. Ich habe herzlich gelacht, vielen Dank dafür!
Fränzi-Lou: (haut mit der Holzschiene auf Juuls Knie)
Juul: Ah, shit! Bist du nicht ganz normal?
Fränzi-Lou: (weint)
Mutter: Was fällt Ihnen eigentlich ein?!
Juul: Ich bin eben authentisch. Das ist wichtig.
Mutter: Fränzi-Lou, du gehst jetzt sofort ins Zimmer. Sonst gibt es keine Gutenachtgeschichte.
Juul: Keine Drohungen, bitte.
Mutter: Fränzi-Lou, ich lese nachher allen Kindern eine Geschichte vor, die jetzt brav das Pyjama anziehen.
Fränzi-Lou geht in ihr Zimmer.
Juul: Das Elternmotto für dieses Jahr lautet übrigens «Gut genug ist das neue perfekt!».
Mutter: Aha.
Fränzi-Lou kommt im Pyjama zurück ins Wohnzimmer.
Mutter: Wow, bravo, Fränzi-Lou! Das hast du ganz toll gemacht!
Juul: Nicht loben. Das Kind entwickelt sonst ein unrealistisches Selbstbild.
Mutter: Fränzi-Lou, eigentlich ist es völlig normal, dass du dein Pyjama angezogen hast. Nichts Besonderes.
Wie geht es euch mit dem Übermaß an Informationen, mit denen wir modernen, „digitalen“ Eltern uns täglich konfrontiert sehen?
Ich freue mich auf euer Feedback! Ob beschreibend oder bewertend – ist mir völlig wurscht! ;)
// Nachtrag: Auch Frida von 2KindChaos hat ihre Gedanken zum Thema verbloggt: „Perfekte Eltern? Zwischen hohen Ansprüchen und dem ganz normalen Chaos“
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15 Antworten
Ich lese auch SEHR viel zum Thema Erziehung (darunter natürlich auch Juul und Kohn und zusätzlich einige Blogs). Mir geht es genau wie dir. Vor lauter Panik was falsches zu sagen oder zu machen sag ich oft gar nichts oder irgendwelche komischen sätze
Ups…war noch nicht fertig…
Also ich gebe manchmal Sätze von mir die sich wirklich absurd anhören ? weil ich dann auch nicht weiß was ich denn jetzt anstelle eines Lobes sagen soll.
Ich glaube man darf das wirklich alles nicht zu eng sehen!!
Haha Sarah, ja genau so geht’s mir auch… Wobei ich es mittlerweile oft schaffe, die Sätze ganz von selbst so zu formulieren, wie ich es auch gerne hätte. Und dann erwisch ich mich quasi selbst dabei. Ist dann ein tolles Gefühl! ;) Wie du richtig sagst: Selbst weniger stressen!
… treffender könnte dein Artikel gar nicht sein. Mir geht es oft so … theoretisch weiß ich sehr viel, egal ob Juul, Imago, Montessori & Co. Gerade bei meinen Großeltern sehe ich immer wieder das Verhalten, so wie es lt. Literatur eben nicht gemacht werden sollte, manchmal rege ich mich darüber innerlich auf … aber ändern kann man das Verhalten von Omas und Opas eben nicht. Auch Erklärungsversuche und Artikelausschnitte die ich an den Mann gebracht habe waren für die Katz. Ich muss es einfach so akzeptieren. An mir selber erlebe ich es jeden Tag, die Theorie in meinem Kopf und dessen Umsetzung in die Praxis die nicht immer konform einhergehen. Ich muss aber dazu sagen, dass es keine universelle Lösung gibt um angemessen als Mama mit dem einen oder anderen Problem umzugehen. Jedes Kind ist individuell, nicht jede Methode funktioniert wie in Büchern beschrieben. Ein Mix aus theoretischem Wissen und Mamas Bauch ist der einzige Schluss zu dem ich komme … für den Moment ;)
Danke für dein ausführliches Kommentar, Julia! Das kann ich alles genauso unterschreiben, habe es genau so gefühlt und erlebt, auch die „Beratungsresistenz“. ;) Das gehört wohl einfach dazu und es ist gut und in Ordnung so. Auch Montessori beschäftigt mich sehr – siehst du, hab ich ganz vergessen, zu erwähnen – und glücklicherweise gelingt es mir da auch, vieles relativ einfach umzusetzen. Es liegt wohl daran, dass die Vielzahl der Einflüsse manchmal zu viel wird. So viel Unterschiedliches, das man „beachten sollte“. Aber hey, wir machen das schon! ;) Alles Liebe!
Ich kann dich sooo gut verstehen! Es gibt so viele Artikel und wenn man nun mal gerne liest,da gehöre ich nun mal dazu,sind es halt dann viele Artikel ?
Was ich im Großen und Ganzen mache ist alles durchzudenken und mich selbst zu fragen: passt das zu mir? Kann ich dahinter stehen? Ist es gut für „UNS“?
Hatte vor Kurzem eine kurze Diskussion,die eigentlich gar nicht sein müsste.Es ging darum dieses „ein Indianer kennt keinen Schmerz“ Ding. Ich hatte gelesen dass man Kinder das nicht sagen soll,denn wenn etwas weh tut tuz etwas weh und da kann man schon mal heulen- das hilft.Klang für mich schlüssig.Wie ein Gewitter,das reinigt quasi die Luft und das brauchts ab und zu..
Dann waren wir bei der Kleinen ihren Großeltern,da kam das Thema auf,ich sagte meine frisch gelesene Info darüber und das ich das gut finde und so gerne machen wùrde.Antwort: unseren Kindern hat das damals auch nicht geschadet…?
Unbefriedigend für mich…alles neue ja gleich abblocken,mag ich einfach nicht.
Fühlen sich Großeltern durch was „Neues“ als schlecht dargestellt,als hätten sie damals was falsch gemacht? Ich weiß es nicht.Ich weiß nur dass ich mir dafür mehr Unterstützung erhofft hatte…
Hahaha mein Liebe, das kenn ich auch zu gut. Es kann sogar sein, dass du den Artikel bei mir auf FB gefunden hast – der wurde unlängst total oft geteilt. Ich frage die Kleine fast immer, ob sie sich wehgetan hat. Eben weil ich GELESEN habe, dass es Kindern dabei hilft, ihre Gefühle und (Schmerz-)Empfindungen eher wahrzunehmen. Klang für mich alles schlüssig. Ich hör auch oft: „Ach das hat doch nicht weh getan, tu doch nicht immer so!“ – aber für mich passt es. Wenn’s nicht weh getan hat, wird mir das meine Tochter schon sagen! Das muss ich nicht erst suggerieren! Also ja, kenn ich… ;) Die Kleine bekommt solche Sätze auch manchmal zu hören, aber das hält sich so sehr in Grenzen, dass ich drüber hinweglächle, weil ich weiß, dass hauptsächlich ich es bin, die bei einem vermeintlichen Aua reagiert. Wie sagt man so schön: Nicht ärgern, nur wundern. Oder so.
Liebe Jeannine,
bevor ich anfing, selber Texte darüber zu schreiben, habe ich auch Unmengen an Büchern verschlungen. Ganz, ganz am Anfang habe ich mir gedacht: Mit dem berühmten Bauchgefühl kann doch nichts schief gehen! Und dann stand ich vor meinem stundenlang schreienden Säugling, der sich nicht beruhigen ließ, und fragte mich verzweifelt, wo denn meine mütterliche Intuition sei. Nix war da – rein gar nichts. Ich nahm mein ersten Buch in die Hand (Karp) und hatte ein Patentrezept zur Beruhigung. Ich war überwältigt und fragte mich, was noch alles in Büchern steht, das ich wissen muss… So begann mein Streifzug und er verwirrte mich genauso wie Dich. Und ganz ehrlich: Das tut er noch heute. Ich bin zwar mittlerweile auf meinem Pfad angekommen und kenne die grobe Richtung sehr gut – aber beschwerlich ist der Weg allemal.
Texte darüber zu schreiben, was in den eigenen Augen ideal ist und das auch so umsetzen zu können, sind zwei völlig verschiedene Paar Schuhe. Das Wissen darum, wie man es besser machen könnte, lässt einen sich nicht sehr gut fühlen, wenn man es gerade nicht realsieren kann.
Ich glaube, viele von denjenigen, die sich so ambivalent fühlen sind einfach anders erzogen worden, als sie sich das für ihre Kinder wünschen. Und natürlich empfinden die eigenen Eltern es immer als versteckten Vorwurf an sie selbst, wenn man sagt, dass man es anders machen möchte. Das ist menschlich absolut nachvollziehbar…
Man sollte einfach immer mal wieder tief durchatmen und sich sagen: Es muss nicht perfekt sein – Kinder verzeihen Fehler und erwarten nicht, dass wir ideale Eltern sind.
Liebe Grüße
Danielle
PS: Ich finde, Oma soll die Enkel ruhig loben – ich sehe hier die empfundene Bedingungslosigkeit der Liebe nicht gefährdet, weil Großeltern die Kinder eh vergöttern.
Liebe Danielle, vielen Dank für deinen Kommentar, ich freue mich sehr darüber, zumal ich eine treue Leserin deines/eures Blogs bin. Dank deiner Recherchen und deiner bewundernswerten Gabe, Texte sinnerfassend und verständlich zusammenzufassen, habe ich mir bereits viele Stunden des Bücherwälzens erspart. So, das musste mal gesagt werden. ;) Du hast recht, mir geht es ähnlich: mit zunehmendem Alter meiner Tochter komme ich immer mehr dort hin, wo ich als Elternteil sein möchte. Wir sind ein gutes Team geworden in unseren gemeinsamen Monaten und ich bin gespannt, was die Zukunft bringt. Sie lehrt mich so viel mehr über mich selbst, als ich es mir jemals hätte vorstellen können. Das überrascht mich immer wieder. Du hast die eigene Erziehung angesprochen. Das ist ein Punkt, der mich zusätzlich verunsichert. Ich finde nämlich, dass meine Eltern das über weite ziemlich „gut“ gemacht haben… umso schwieriger ist es zeitweise, hier eine eigene Linie zu fahren. Aber am Ende des Tages ist es wohl ein „sich Finden“ und „zu sich zurück Finden“. :) Alles Liebe!
Ich habe schon damals bei meinem Sohn (15) viel über Erziehung, Ernährung und co. gelesen, da der einzige Maßstab, den ich hatte, die Erziehung meiner Mutter war und die empfand ich selbst als ungenügend. Meine beiden Mäuse sind fast 1 und bald 3, da hab ich natürlich nochmal angefangen, mich durch den ganzen Wust zu kämpfen, da das für mich wieder mal völlig neu war. Und das Internet, das ich damals noch nicht zur Verfügung hatte, eröffnete mir ungeahnte Möglichkeiten. Vor allem die, mich selbst zu kritisieren, zu überfordern und als ungenügend zu befinden.
Mein Fazit: Viel lesen ist gut, viele Infos sind gut… Auf konkrete Probleme Antworten finden (auch, wenn die viel aus Pros und Contras bestehen) ist sehr gut. Aber mittlerweile lese ich Dinge, wäge verschiedene Blickwinkel ab und vergesse das Meiste für eine Weile. Wenn dann ein „passendes Problem“ auftaucht, fällt es mir schon wieder ein. So ungefähr zumindest. Und wenn ich dann darüber nachdenke, komme ich meist zu einer für UNS passenden Lösung. Weil ich alle Tipps nach meinem Ermessen zusammenschmeiße und mit meinem Herzen entscheide, was auf unsere Familie passt. Im Grunde genommen entscheidet also das Bauchgefühl mit einer Menge Hintergrundwissen. Ich lasse mir keine Richtlinie vorgeben, weil das Wichtigste bei der Erziehung ist, dass du authentisch bleibst und hinter deinem Handeln stehen kannst. Und das nicht nur heute, sondern auch noch morgen oder nächste Woche. Und wenn doch mal eine Entscheidung im Nachhinein falsch war, macht uns das nur menschlich. Denn auch Supermamis sind nicht allwissend, zeitweilig gestresst und lassen sich manchmal zu Fehlern hinreißen. Wir sind schließlich nicht perfekt, aber verdammt nah dran! ;-)
Das hast du schön gesagt, Sunny! Danke für dein Kommentar und dass du mich bzw. uns an deinem Weg hast teilhaben lassen. Ich find die Prinzipien, die du beschrieben hast super und nehm dich beim Wort: Wir sind verdammt nah dran! ;) Auf dass wir hinter den meisten unserer Entscheidungen auch in Zukunft noch stehen!
Ich bin alleinerziehende Mutter von einem eher temperamentvollen und dickschädeligen Zwillingspaar (aber nicht direkt „schwierigem“) – und das von Geburt an.
Ich musste schnell feststellen, dass viele der gutgemeinten Ratschläge, die man so finden kann, für mich in meiner Lebenssituation schlicht und ergreifend nicht umsetzbar waren. Und auch heute lese ich manches Mal Auszüge aus Erziehungsratgebern und weiß genau, dass eine „Maßnahme“ für uns nicht funktionieren würde oder dass sie so wenig zu mir/ uns passt, dass ich sie nicht durchziehen würde.
Es gibt vieles, was ich besser machen könnte und ich würde mich selbst nicht unbedingt als gute Mutter bezeichnen – ich kenne meine Schwächen und weiß im Grunde genommen, was ich anders machen könnte. Dafür brauche ich nur wenig Inpout von Ratgebern.
So ziemlich das erste, was ich als junge Mutter erfahren hatte, war, dass allgemeine Ratschläge manchmal wenig nützen, weil jedes Kind, jedes Elternteil und jede Lebenssituation einzigartig ist und einzigartige Möglichkeiten und Bedürfnisse bestehen, sodass eine One-Size-Fits-All-Herangehensweise nicht sinnvoll sein kann.
Danke für den interessanten Blickwinkel, so hatte ich darüber noch gar nicht nachgedacht… Und auch wenn ich keine Ahnung habe, so glaub ich doch, dass du eine „gute“ Mutter bist. Wir tun, was wir können und so gut wir es können. Also sind wir hoffentlich zumindest gut genug! :) Gute Mutter – was soll das eigentlich überhaupt sein?
Wenn ich die Erziehungsratgeber alle perfekt anwenden würde, wäre ich doch nicht mehr menschlich und unauthentisch. Fehler machen gehört zum Leben dazu. Einen besseren Umgang damit zu erlernen, hätte mir schon als Kind gut getan.
Meine Lösung ist: Bei mir selbst anfangen und ggf. beim Papa. Aber auch der darf seinen eigenen Weg gehen (den des Nichtlesens und einfach machens). Ich versuche immer in der ersten Person Singular von mir zu reden und auch von meinem Kind dann wiederum in der dritten. Ich habe nämlich gerade keinen neuen Zahn bekommen. Trotzdem sag ich natürlich manchmal „Wir haben gerade einen neuen Zahn bekommen“. Das ist schließlich auch ein Bindungsding… Außerdem beschränke ich mich noch auf zwei, drei andere Sachen. Ansonsten versuche ich mir einfach keinen Kopf zu machen und hoffe, dass ich nach und nach Sachen umsetze. Denn Alfie Kohns Buch fand ich z.B. ganz klasse und halte ich auch für sinnvoll. Aber ich kann das nicht 1 zu 1 direkt umsetzen und will auch nicht wie eine Schauspielerin wirken.
Meine Großeltern mit denen ich viel Zeit verbacht habe, haben definitiv keine Erziehungsratgeber gelesen und abgesehen von allen auf das Gewicht bezogenen Kommentare, hat es mir überhaupt nicht geschadet – und die haben defintiv nicht alles richtig gemacht. Kommentare der Eltern prägen (und schaden) leider viel mehr. Aber das lässt sich einfach auch nicht komplett verhindern. Wüsste mein Papa, was er mit einem einzigen Satz angericht hat, hätte er den nie im Leben gesagt. Aber so ist das Leben und ich glaube dann wiederum, dass es zum gesunden Erwachsenwerden gehört, mit genau solchen Sachen auch seinen Frieden zu machen.
Liebe Jeannine!
Vielen Dank für deine tollen Worte zu diesem heiklen Thema!
Ich habe vor einiger auch mal einen Artikel dazu verfasst – vielleicht ist da auch für dich der eine oder andere Gedankenansatz dabei:
https://tigersabenteuer.wordpress.com/2015/09/28/erziehungsratgeber-vs-mutterinstinkt/
Das Thema Loben und Großeltern hat mich auch eine zeit lang richtig intensiv beschäftigt.. Ich hatte aber eigentlich mehr Angst, wenn die Großeltern immer so überschwänglich loben, dass unser Tiger irgendwann denkt, dass wir ihn weniger lieben würden oder sich fragt, warum wir ihn nicht loben.. Mittlerweile seh ich das Thema gelassener und lasse die Großeltern loben wie sie wollen. Da wir ihn zu Hause kaum loben und er sich über Geschafftes selbst ohne uns freuen kann, beobachte ich auch auswärts, dass er das Lob gar nicht braucht und dem meistens auch wenig Aufmerksamkeit schenkt.
Aber wer weiß, wie sich alles in Zukunft noch entwickelt ;-)
Liebe Grüße,
Ricarda