Schnuller ja oder nein? Mit dieser Frage sehen sich viele junge Eltern konfrontiert und auch wenn es „Zeit ist“, sich vom Schnuller zu verabschieden, bleiben sie mitunter verunsichert zurück: Was, wenn dein Kind den Schnuller gerne noch weiter haben möchte, du aber der Meinung bist, er sollte weg?
Noch bevor meine Tochter zur Welt kam, kauften wir Schnuller. Wie man das eben macht. Auch zu unserem liebevoll zusammengestellten, viel zu großen „Starter-Set“ gehörten sie ganz selbstverständlich dazu. So, wie auch jede Babypuppe mit Schnuller und Fläschchen geliefert wird. Ich wusste damals bereits, dass der Schnuller nicht ideal für die Zahnentwicklung ist, aber als ich dann wiederum las, dass er angeblich dem plötzlichen Kindstod vorbeugen kann, war für mich klar: Meine Tochter bekommt einen.
Den eigenen Weg finden – gemeinsam mit dem Kind
Die erste Irritation erlebte ich hier, als meine Hebamme mir nahelegte, zugunsten eines möglichst reibungslosen Stillstarts sowohl auf den Schnuller, als auch auf das Fläschchen zu verzichten. Da ich meine Tochter unbedingt stillen wollte, fand sich der Hinweis bald darauf auch farbig froh und gut befestigt am Babybettchen im Krankenhaus. Sobald wir daheim waren, stellte ich fest, dass ich für mich gerne eine Mischung aus Busen und Schnuller etablieren wollte. Vor allem, weil das ständige Nuckeln meiner Tochter an meiner Brust in den ersten Wochen schmerzhaft war und ich mir dadurch etwas Entlastung erhoffte.
Meine Tochter machte mir jedoch einen Strich durch die Rechnung, indem sie einfach keinen Schnuller wollte. Ich startete einige Versuche und kaufte unterschiedliche Schnuller, aber das Ergebnis blieb dasselbe: Sie nahm ihn nicht. Sie wollte die Brust – und zwar nur die Brust. Ich fand mich damit ab und als unsere Stillbeziehung sich verbesserte und das Stillen immer einfacher und schöner wurde, war mein ursprünglicher Wunsch schnell vergessen. Ich war zunehmend erleichtert, weil ich mir keine Gedanken mehr über eine irgendwann anstehende Abgewöhnung des Schnullers machen musste und auch mögliche Zahnfehlstellungen durch den Schnuller so kein Thema für uns sein würden. (Welchen Schnuller du verwenden kannst, um das Risiko von Zahnfehlstellungen zu minimieren, liest du weiter unten.)
Was aber nun, wenn dein Kind einen Schnuller hat und ihn auch noch ziemlich gerne mag? So oft erreichen mich Nachrichten, in denen Mamas mich fragen, was sie tun könnten: Ihr Kleinkind ist immerhin kein Baby mehr und schön langsam sollte der Schnuller dann schon weg. Oder? Nun, einmal mehr: Ich weiß es nicht. Und ich sehe mich hier in keiner Position, irgendwelche Tipps oder Ratschläge zu geben.
Worauf ich viel eher eingehen will, ist die elterliche Angst, mit der wir es – wie so oft, auch hier – zu tun haben.
Aus Angst vor möglichen (nicht fixen, ungewissen) Zukunftsszenarien zerbrechen sich Eltern in der Gegenwart den Kopf, sorgen sich und üben mitunter auch Druck auf ihre Kinder aus. Eine schwierige Situation für alle Beteiligten. Auch und gerade dann, wenn Eltern versuchen, möglichst beziehungsorientiert mit ihren Kindern zu leben. Denn das Kind will ja – nur wir selbst nicht. Wie also?
Muss dein Kind den Schnuller hergeben, damit es dir besser geht?
Deshalb habe ich, einmal mehr, bei meiner Wegbegleiterin und Freundin Mag. Sandra Teml-Jetter nachgefragt. Aber nicht, um ihre Expertise zum Schnuller zu bemühen, sondern mit einer Einladung an dich, dich selbst und deine Befürchtungen und Gedanken zu hinterfragen. Schließlich ist sie keine Zahnärztin, sondern Familienbegleiterin. Und ich glaube, dass ihre Ausführungen zum Perspektivenwechseln einladen und dir dabei helfen können, die Beziehung zu deinem Kind im Hier und Jetzt bewusst zu gestalten, nicht nur beim Schnuller.
„Wann ist die richtige Zeit, meinem Kind den Schnuller abzugewöhnen? Ich möchte das ganze möglichst bindungsorientiert machen, weil ich sehe, dass es ist meinem Kind ein wichtiges Bedürfnis und eine Art der Selbstregulation ist.“
Wir leben in einer „Wenn-Dann-Welt“, die beständig auf der Suche nach Ursache und Wirkung ist. Und wir glauben zudem, alles auch im Vorhinein erahnen und kontrollieren zu können.
„Wenn mein Kind den Schnuller weiterhin hat, dann…
- bekommt es schlechte Zähne.“
- wird es ihn nie wieder hergeben.“
- wird es ausgelacht werden.“
- denken die anderen Eltern, Großeltern oder Kindergartenpädagogen schlecht über mich.“
Derlei Gedanken treiben uns weg: Weg von uns selbst, vom gegenwärtigen Moment, von unserem Kind und weg davon, was es hier und jetzt braucht. Sie bringen uns in die Zukunft und in die Köpfe anderer Menschen. Das ist das Gegenteil von „präsent sein“. Wir fallen in einen Verhinderungsmodus, der eines ganz bestimmt verhindert: Beziehung.
Babys und Kleinkinder bis etwa 4 Jahre können sich noch nicht hinreichend selbst regulieren. Sie brauchen immer ein anderes, erwachsenen Nervensystem, das sie co-reguliert. Anfangs 24/7. Natürlich ist da ein Schnuller – oder „soother“, wie er im Englischen heißt, wörtlich übersetzt also „Beruhiger“ – für alle eine Entlastung. Ein kleines Stück Unabhängigkeit für die Eltern. Aber was einmal angewöhnt ist, will auch wieder abgewöhnt werden. Das gestaltet sich in manchen Fällen schwieriger als gedacht, da es oft jüngere Geschwister gibt, die den Schnuller noch haben. So war es bei uns auch – meine beiden jüngeren Kinder sind knappe drei Jahre auseinander.
Mein erster Rat ist, sich selbst zu versichern, dass der Schnuller eines Tages weg sein wird. Punkt. Ich habe meine Kinder gefragt, wann sie denn dazu bereit seien, und eines Tages war es dann soweit. Ja, sie haben alle drei getrauert und sich mitunter ein anderes „Übergangsobjekt“, wie ein Kuscheltier, gesucht. Aber sie sind zu ihrem Entschluss gestanden. Bis heute. (Sie sind 22, 16 und 13.)
Ich selbst habe den Schnuller bis in die Volksschule gehabt. Meinen Vorbiss habe ich nicht dadurch, sondern durch Vererbung. Auch meine Mutter hat einen offenen Biss. Mein jüngster Sohn putzt sich seine Zähne nicht, er hatte ca. 5 Jahre lang einen Schnuller. Neulich waren wir seit einer gefühlten Ewigkeit wieder einmal beim Zahnarzt (einem jungen, coolen – da kam mein Sohn dann mit, denn er hat ein echtes Zahnarzttrauma). Der Arzt sah ihm in den Mund und ich ahnte Fürchterliches. Was ich dann zu hören bekam war: „Hatte Ihr Sohn eine Zahnspange? Er hat so wunderbare Zähne! Ein wenig Belag, da wäre Mundhygiene gut und einen Hauch von Karies an der Oberfläche.“
Ich war baff! Umsonst gesorgt!
Das soll jetzt kein Rat sein, das genau so mit seinem Kind zu machen. Was ich damit sagen will, ist: Lass uns doch offen sein, für das, was ist. Dafür, wer unsere Kinder sind und was sie brauchen. Lass uns immer wieder den Realitätscheck machen. Glauben wir doch nicht alles, was wir denken!
Ich hoffe, Sandras Ausführungen können ein Anreiz für dich sein, der ganzen Sache rund um die Abgewöhnung ein wenig den Druck zu nehmen. Deine schrecklichen, furchteinflößenden Gedanken an eine mögliche Zukunft sind nicht real, sondern nur in deinem Kopf.
Ist die Abgewöhnung wirklich notwendig, etwa aufgrund dringender ärztlicher Empfehlungen?
Oder ist sie vielmehr mit einem „Sollte“ belastet, das in dir selbst wurzelt – etwa in deinen Ängsten vor negativen Bewertungen im Außen oder im Hinblick auf eine ungewisse Zukunft?
Liegen die Gründe einzig in und bei dir, gilt es in unseren Augen kritisch zu prüfen, was du tun willst: Muss dein Kind seinen Schnuller hergeben, damit es dir besser geht?
Welche Schnullererfahrungen hast du gemacht?
Merken auf Pinterest:
Mehr lesen auf Mini and Me:
-
WENN BABYS TRINKEN LERNEN: ÜBER DEN UMSTIEG VON DER BRUST AUFS GLAS
-
BABYS BÄUCHLEIN: 20 TIPPS UM KOLIKEN VORZUBEUGEN UND FÜR RASCHE HILFE
-
STILLSTART: MEINE ERFAHRUNGEN UND 8 IMPULSE FÜR DEN ENTSPANNTEN BEGINN DIESER BESONDEREN ZEIT
Foto © Fotolia, Mini and Me;
Dieser Beitrag entstand in freundlicher Zusammenarbeit mit meiner langjährigen Partnerin MAM und enthält Werbung.
Bewusster leben per Mail
Gerne hier? Dann schließe dich rund 10.000 anderen AbonnentInnen an! Im kostenlosen Newsletter erhältst du Impulse zur bewussten Elternschaft und Lebensgestaltung, sowie diverse Empfehlungen und Infos zu Neuigkeiten direkt in deinen Posteingang. Ich freu mich auf dich!
Genauere Informationen entnimm bitte der Datenschutzerklärung.
Anmeldung erfolgreich! Bitte schau in deinen Posteingang, um die Anmeldung zu Bestätigen!
8 Antworten
Puh! Ich hab da mein Logopädenherz das sagt: Schnuller, gar nicht erst anfangen! Und wenn dann so schnell wie möglich weg damit. Seit fast 2 Jahren bin ich auch Mama und mein Sohn liebt seinen „Nonni“ so sehr! Mein Mamaherz sagt, ein bisschen ist ja ok, er hat ihn ja nicht die ganz Zeit im Mund ;-) nur noch ein bisschen, er liebt ihn halt so!
Ganz toll geschrieben, wir Schnullern schon 3 Jahre. Mittlerweile nur noch zum Schlafen und bei Krankheit. Von Anfang an benutzen wir mam Perfect bzw. die Perfect Night… die Zahnärztin ist begeistert, hatte sie uns beim ersten Besuch doch gelobt das er aufgrund seiner Zähne ja scheinbar weder Schnuller noch Flasche hatte in seinem Leben. ? habe sie dann aufgeklärt und sie notierte sich die Schnuller Marke
Mein Sohn ist 27 Monate alt. Er nuckelt mal häufiger am Schnuller, mal nur nachts. Er sagt inzwischen auch, dass er ihn braucht. Ich empfinde das an guten Tagen als sehr kompetent. Und manchmal triggert mich das total. Und ja, ich weiß, dass das mein Ding ist. Aber, alter Verwalter, es ist so schwer!! :D
Danke für den Artikel. Mir helfen die Worte sehr und bestärken mich, indem wie ich meinen Sohn unterstütze. Mein Sohn ist bin fast vier und hat immer noch einen Schnuller, nur nachts. Vor einem Jahr haben wir es schon einmal versucht und ihn dem Nikolaus mitgegeben. Auch damals benutzte er ihn nur in der Nacht. Ungefähr eine Woche hat es gut geklappt und ich freute mich, da es so schien, als würden sich all meine Gedanken nicht bewahrheiten. Dann wachte er nachts auf und schrie und schrie. Er ließ sich kaum noch beruhigen, wie damals im ersten halben Jahr, als er so viel weinte. Ich weiß nicht ob es nur der Schnuller war, denn in unserem Leben passierte in dieser Zeit sehr viel. Und vielleicht war der Schnuller der letzte Tropfen. Ich habe ihm den Schnuller nach einer Woche voll von durchwachten Nächten wieder zurück gegeben und beschlossen dass ich versuchen möchte ihn es selbst entscheiden zu lassen und ihn in seiner Entscheidung zu bestärken und unterstützen.
So wie ich mich am Abend darauf freue in Ruhe eine gutes Buch bei einem Glas Wein zu lesen, freut er sich darauf sich mit seinem Nucki ins Bett zu kuscheln… und ich bin mir sicher dass er bald auch ohne Nucki zurecht kommt.
Alles Liebe
Puh, das hab ich gebraucht. Ich hasse diese Zukunftsangst so sehr. Mein Sohn wird bald 6 und zum einschlafen hat er immernoch einen Schnuller (Mam perfect übrigens) ich habe oft Angst das er ihn „nie“ loswird. Immer wieder keimt das auf
Wir haben am Anfang auch viel Stress und Druck gemacht. Dann haben wir unseren Sohn miteinbezogen. Freunde von uns haben ein Baby bekommen, da war unsere Sohn 3 Jahre alt, und wir haben ihn gefragt ob er seine Nuckel nicht dem Baby geben möchte. Er sagt zum erstaunen aller Ja!!! Er fragt am nächsten Tag noch einmal nach wo den sein Nuckel sein. Wir erinnerten ihn an sein Geschenk ? fürs neue Baby und dann war die Sache auch schon erledigt. Unser zweiter Sohn ist jetzt gerade 3 Monate alt und diesmal gehen wir, von Anfang an, entspannter mit dem Thema um. Und mit vielen anderen Themen auch. Seit dem ich deinen Blog /Videos /Instagram lese und schaue liebe Jeannine ist mein Leben zwar nicht einfacher aber deutlich entspannter geworden.!!! DANKE DAFÜR!!!