Vor ein paar Monaten stieß ich auf einen Troll. Es war aber nicht der übliche, anonyme Internetbewohner, der mit destruktiven Killerphrasen in der Comment-Section um sich wirft. Es war ein guter Bekannter, der auf der anderen Seite des Tisches im chinesischen Restaurant saß: Was ich auf meinem Blog schreibe, sei alles extrem „banal“, meine Erfahrungen mit Mini nichts besonderes. Nach langem Zuhören und über meinen Blog herziehen lassen, sagte ich: „Danke für dein Feedback. Hast du auch konstruktive Kritik für mich?“. Es kam keine.
Dieses „Gespräch“ beschäftigt mich noch immer und es hatte zwei ganze Wochen zur Folge, in denen ich nichts getippt habe. Vollkommene Blockade. Krass, was die Worte einer einzelnen Person in einem auslösen können, oder? Selbst wenn es zum Glück viele Mamis und andere LeserInnen gibt, die mich und meinen Blog gerne lesen. Danke, dafür! Mama on the Rocks formulierte in ihren „7 Tipps zum Bloggen“ schon richtig:
„Wer ein Blog schreibt, exponiert sich über kurz oder lang. […] Wer schreibt, gibt seine Seele hinein. Kritik wird da schnell persönlich genommen. Man zweifelt an sich. Man ist verletzt. Traurig. Wer schreibt, bietet Angriffsfläche, dessen muss man sich bewusst sein. Ich nehme es in Kauf und grenze mich nach Möglichkeit ab. Ich schreibe einfach zu gern.“
Seit der rhetorischen Ohrfeige aus dem Chinarestaurant (klingt wie eine Bento-Box) beschäftige ich mich mit dem „Warum“: Warum eigentlich bloggen? Warum sind Mama-Blogs so wichtig?
Ich weiß noch, dass Mama-Blogs für mich eine schier unerschöpfliche Quelle an Antworten auf alle Fragen waren, die ich mir während meiner Schwangerschaft stellte. In meinem Fall hatte ich zum Glück meine Mutti als Ansprechpartnerin Numero uno, aber im Freundeskreis gab es nicht viele Anlaufstellen für mich. Die, die es gab, wurden dafür nicht nur an- sondern umgelaufen. Diese Fülle an Mama-Blogs ermöglichte es mir, bei erfahrenen Mamis Zaungast zu spielen. Ich konnte mir einen Eindruck von deren Leben machen, sehen, ob ich grundsätzlich etwas mit der Art, wie die jeweilige Frau ihr Leben meistert, anfangen kann und anhand dieser Einschätzung dann entscheiden, ob ich mir auch im Bezug auf Schwangerschaft und Baby etwas von ihr sagen lasse. Das war nur durch die Unzahl an Blogs möglich, auf denen tolle, unterschiedliche Frauen über ihr Leben als Frauen, Mütter und darüber hinaus schreiben.
Auch jetzt, oder besser gesagt gerade jetzt, als Jungmama, lerne ich ständig dazu. Während Mini und ich also teilweise doch sehr tollpatschig gemeinsam das Leben erkunden, stellen sich immer neue Fragen. Das Windelwechseln und der rote Po in den ersten Wochen, haben mich zum Beispiel wirklich beschäftigt. Vielleicht klingt das ja banal und Sie schütteln jetzt den Kopf, aber ich denke, wenn Sie selbst Kinder haben, können Sie das nachvollziehen. Gleich zu Beginn türmten sich die Fragezeichen: Puder oder Creme, oder nichts? Wie oft sollen wir denn nun eigentlich baden? Täglich, wie Omi vorschlägt oder doch nur einmal die Woche? Die Liste war lang. Gespräche mit Minis Omas, mit den paar Freundinnen mit Kindern in meinem Umfeld und der Besuch bei unserer Kinderärztin lieferten nicht all die Antworten, die ich mir wünschte. So wurde kurzum die BloggerInnengemeinschaft zu Rate gezogen und ich ging mit dem Gefühl schlafen, wesentlich besser informiert zu sein, als davor. Susanne von „Geborgen Wachsen“ schreibt einmal mehr treffend:
„Medial begeisterte Eltern haben es schwer: Mit Smartphone in der Hand wird ihnen Fürsorgelosigkeit und Ignoranz des Kindes vorgeworfen. Andererseits werden ins Netz gestellte Fotos durch Katzenbilder ersetzt oder es wird stolzen Eltern vorgeworfen, inkompetent mit den Persönlichkeitsrechten des Kindes umzugehen. Elternblogs sind zwar in Mengen vorhanden, werden jedoch als redundant betrachtet. […] In Zeiten, in denen Familien nicht mehr in Clans zusammen leben, wo Stillen nicht mehr zum Alltag gehört und natürliche Geburt kaum erlebt wird, nehmen Socialmediakanäle eine bedeutende Rolle zum Transport von Kulturformen ein.“
Mutterschaft definiert das Frausein neu, verändert den gesamten Kosmos eines Mädchens, das zuvor am Ende des Tages doch sich selbst am nächsten Stand. Zumindest war das bei mir so. Orientierungslosigkeit, die schwere Geburt, der Umgang mit meinem veränderten Körper, die unbekannte Situation am Arbeitsmarkt, all die Veränderungen in der Beziehung zum frisch gebackenen Papa… Egal ob feministische Themen, arbeiten und studieren mit Kind oder einfach nur Beauty und After-Baby-Body-Fashion: Ich habe mein Thema gefunden, jedes einzelne Mal. Die Fülle an komplett unterschiedlichen BloggerInnen mit einzigartigen Erfahrungen und Interessen macht’s möglich. Es ist wundervoll, dass es Mütter gibt, die da raus gehen und einfach über die Dinge schreiben, die sie beschäftigen. Dajana von „Mit Kinderaugen“ schrieb im Zuge ihrer Blogparade:
„Bloggen ist ein Geben und Nehmen. Es ist eine wunderbare Sache und jeder der das Bedürfnis hat zu Bloggen, sollte es auch tun. Sicherlich ist der deutsche Bloggermarkt mittlerweile recht voll. Macht aber nüscht. Jeder Blog ist anders, jeder Blog ist individuell und vor allem ist jede Person hinter dem Blog eine andere. Und das macht Bloggen so großartig: Jeder kann eben genau das Lesen was ihn interessiert. Es gibt so viele Themen. Da ist für jeden etwas dabei.“
Warum ich blogge? Weil ich es liebe, zu schreiben. Hab ich immer schon gemacht. Mein erstes Tagebuch hatte ich mit 10 Jahren und mit 14 Jahren tippte ich dann auch online. Obwohl damals das Wort „Weblog“ noch kaum ein Begriff in D-A-CH war, machte es unglaublich viel Spaß! BloggerInnen galten noch nicht als wertvolles Marketing-Tool für vermeintlich moderne Unternehmen. Kein Schwein konnte damit Kohle machen aber – und hier wiederhole ich mich gerne – es machte einfach Spaß! Das tut es immer noch. So bin ich nach vielen Unterbrechungen doch immer wieder dazu zurückgekehrt und jetzt, seit etwa neun Monaten, zum ersten Mal mit einem Mama-Blog. Kinder, wie die Zeit vergeht… Außerdem macht es mir Freude, Dinge zu gestalten. So auch mit Webseiten. Mini and Me ist mein Spielplatz. Hier darf ich alles, was ich will. Das fühlt sich gut an! Freilich, ein bisschen exhibitionistisch muss frau schon veranlagt sein, denke ich. Oder sagen wir so: Es braucht eine gehörige Portion Mitteilungsbedürfnis. Vorhanden, abgehakt.
Ein weiterer Grund: Bloggen als Mittel gegen die „Isolation“. Ja, stimmt schon. Es ist mit Kind wesentlich umständlicher als davor, einfach mal schnell für eine Stunde in die Stadt zu fahren, um dort das Mittagsmenü und einen anschließenden Café Latte mit der kinderlosen Freundin zu genießen. Dieser geschwinde Ausflug bedeutet für mich einen Aufwand von mindestens drei Stunden, inkl. Buchung eines Babysitters. (Danke, Großeltern!) Andrea von WirEltern hat das thematisiert:
„Sind Mamablogs die Sprachrohre der neuen Mütter? Vieles spricht dafür: Während sich Frauen früherer Generationen mit ihren Neugeborenen in ihre vier Wände zurückzogen, nutzen moderne Mütter das Internet als Mittel gegen die Isolation. […] Andere zeitintensivere Medien wie Zeitungen und Zeitschriften verlieren zunehmend an Relevanz. Durch ihre Blogs hingegen können sich Mütter mit Gleichgesinnten vernetzen, gewinnen für die Berichte aus ihrem neuen Leben mit Kind ein Publikum, das über den Spielplatzrand hinausgeht. Der Austausch macht glücklich; diesen Eindruck gewinnt man zumindest, liest man die vielen positiven und aufmunternden Kommentare in den Blogs.“
Den nächsten Troll schicke ich dann am besten direkt zu diesem Artikel hier und für mich gilt: Mama, lass dir eine dickere Haut wachsen! Ich tue, was mich begeistert und danke jeder einzelnen LeserIn und BloggerIn, die ebenso tippt. Über alles, was das Leben mit Kind für uns bereit hält. Zum Schluss noch ein Appell:
Bilder: Instagram
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30 Antworten
Liebe Jeannine!
Lass dir nur eines sagen: dein Blog ist alles andere als banal! Auch mir als (noch) Nicht-Mutti gefällt er!
Mein Tipp: umgib dich nur mit Menschen, die dir gut tun. Und das mit dem dickeren Fell…. tja, wenn das so einfach wäre (spreche aus eigener Erfahrung ;-) )
Bleib und schreib weiter so wie du bist!
Liebe Katrin, danke dir für deine lieben Worte! :) Es freut mich sehr, dass Mini and Me und meine Schreiberei dir gefallen. Ganz genau, deinen Tipp versuche ich, immer zu beherzigen… deshalb bin ich vermutlich so eine schlechte „Networkerin“ – ich verbringe lieber Zeit mit Menschen, die mir wichtig sind. :) Wir arbeiten also beide an unserem Fellkleid, kalt genug wär’s ja! Liest du eigentlich mehrere Blogs regelmäßig? Alles Liebe!
Toller Beitrag! Mein Mama Blog ging erst im Oktober 2015 online und ich habe mich durchaus mit der Frage beschäftigt, ob es wirklich den 847.907 Mama Blog braucht. Ja, genau diesen einen Blog mehr braucht es durchaus. Ich brauche ihn. Weil ich meine Ideen und Gedanken sprudeln lassen kann, weil ich es liebe zu schreiben und es auch liebe Feedback zu bekommen.
Ich blogge schon seit vielen Jahren und erst im Mama Blog fühle ich mich angekommen. Das ist meine Nische. Und seit ich viele andere tolle Mama Blogs entdecke seitdem lese ich auch welche. Vorher war ich eher Schreiber, aber selten Leser. Jetzt lese ich fast mehr als dass ich selbst schreibe :)
Wir Mama Blogger haben durchaus unsere Daseinsberechtigung und nur weil andere unsere Themen für banal finden heißt es nicht dass es stimmt.
Viele Grüße von der Mama bloggenden Front :)
Wiktoria
Liebe Jeannine! Ich habe Dich und Deinen Blog über die ABC Conference gefunden, an der ich teilnehmen und Deinen Workshop besuchen werde. ;) Ich habe vor etwa anderthalb Jahren mit einem Blog über Reisen begonnen, meine größte Leidenschaft, mein „Lebensinhalt“ – zumindest bisher. Zuletzt war ich mit meinem Freund im Februar in Mexiko, wo ich von meiner (lange gewollten) Schwangerschaft doch überrascht wurde, seither ist alles anders.
Ich bin anders, mein Leben steht auf dem Kopf – natürlich im positiven Sinne. Doch das Schreiben über das Reisen, die vielen Mexikobilder und schon überlegten Stories liegen seither zu Hause in der Schublade. Ich habe keine Motivation mehr, es erscheint mir eben „banal“ und ein Einheitsbrei – der Millionste Beitrag über Yucatan *göhn* und *würg*. Ich denke daran aufzuhören. Es geht nicht mehr, obwohl ich sooooooo viel Zeit und Herzblut bisher investiert habe und sogar der Blog der Anstoß war einen Mediendesignkurs zu besuchen.
Von heute auf morgen ist alles anders, der Fokus ein anderer. So wie Du, liebe ich das Schreiben. Doch über meine Schwangerschaft zu schreiben und jetzt komplett, so wie Du, vielleicht in Richtung Familien oder Mama Blog zu gehen, da bin ich mir nicht sicher. Hast Du einen Rat für mich?
Jedenfalls, schöner Blog, deine Persönlichkeit hat mich angesprochen. Ich habe über dieses „Problem“ mit nur Wenigen besprochen. Ist übrigens auch mein erster Mama Blog den ich überhaupt ansehe, und wenn hoffentlich alles gut geht, wird es nicht mein letzter sein. ;o)
GLG und vielleicht bis bald, Margarita (margute.com)
Liebe Margarita, ich freu mich so über dein Kommentar! Du hast eine Mail von mir! :) Bis bald auf der ABC-Star!
Hallo,
ich lese hier schon lange still mit und fühle mich jetzt aber doch gezwungen, was zu schreiben. Danke für deinen Blog, danke für deine Worte und danke für deinen (keinesfalls!) banalen Blog.
Mach bitte weiter so. Ich lese hier total gerne mit.
Grüße
Isabelle