„Artgerechte“ Tierhaltung ist nicht genug. Um neue Standards in der konventionellen Nutztierhaltung zu etablieren, wurde das Projekt „FairHof“ ins Leben gerufen. Das Ziel: Ein besseres Leben für die Tiere und faire Entlohnung für Bauern. Zu Besuch am Musterhof und ein kritischer Blick auf unser Konsumverhalten.
Übers Leben von Bauern und Nutztieren
Es ist Frühling. Ich sitze mit einer Freundin meiner Mutter in der Sonne und unterhalte mich mit ihr darüber, wie ihre Arbeit als Bäuerin sich in den letzten Jahrzehnten verändert hat. Wir sprechen von Bio-Zertifizierungen und Dumping-Preisen, von Investitionen und dem alten Schweinestall, der seit Jahren leer steht.
Wenige Wochen später stoße ich auf einen Film, der die schwierige Situation beleuchtet, die für viele lokale Bauern täglich Realität ist. Immer weniger wird regional gekauft, immer billiger sollen sie abliefern. Wer leidet, sind die Bauern. Und nicht zu vergessen: Die Tiere. Denn möchte der Bauer seinen Lebensunterhalt weiter verdienen, so muss er Einsparungen treffen – ob er will oder nicht.
Facebook spült verlässlich Videos diverser Tierschutzorganisationen in meinen Feed. Kranke Tiere, vollgestopft mit Antibiotika. Gerade noch in der Massentierhaltung, wenig später auf unseren Tellern. Während hier unsere Alarmglocken klingeln sollten, zeigt die Entwicklung der letzten Jahre: Wir hinterfragen nicht, konsumieren blind. Jeden Tag Fleisch – mehrmals. Nicht nur ein- oder zweimal die Woche.
Wir wollen immer noch mehr. Warum sollte es bei Lebensmitteln anders sein?
Zu Besuch am Musterhof in Oberösterreich
Wenige Tage nach meiner Konversation mit der befreundeten Bäuerin sehe ich beim Einkaufen ein abgepacktes Stück Schweinefleisch im Kühlregal, auf dem „FairHof“ steht. Die Verpackung spricht mich ungemein an. Sie ist schlicht, elegant, geschmackvoll gestaltet. Ich drehe das Päckchen, sehe, dass das Fleisch von einem Bauernhof in Oberösterreich kommt.
Ich bin neugierig und google „FairHof“, schau mich auf der Webseite zum Projekt um und möchte mehr wissen. Also kontaktiere ich Hofer und sage: Das ist spannend und wichtig, darüber möchte ich gerne berichten.
Gesagt, getan: Ehe wir uns versehen, sind wir auf dem Weg nach Oberösterreich um dort das Projekt „FairHof“ live und in Farbe zu erleben. Wir besuchen den Musterhof der Familie Hütthaler, die das Projekt gemeinsam mit Hofer ins Leben gerufen hat.
Am Hof angekommen lernen wir unglaublich sympathische, junge Menschen kennen. Wir sehen einen wunderschönen Hof und Tiere, die es sich richtig gut gehen lassen. Die Schweine sind neugierig, kommen ganz nah zu uns, baden in der Badewanne – einer wannenförmigen Vertiefung im Boden mit kühlem Wasser darin – oder kratzen sich ihren Rücken an der Bürste, die im Außenbereich in genau der richtigen Höhe für sie hängt.
Die Hochlandrinder grasen und beobachten uns aufmerksam, während auch die Kälber sich auf die Weide trauen. Das Kleinste säugt bei seiner Mutter, während wir nur wenige Meter davon entfernt mit ihnen gemeinsam in der Wiese stehen.
Wir gehen weiter, in den umgebauten Reitstall, der nun das hochmoderne, helle Zuhause einiger Rinder ist. Die Kinder sind begeistert und bringen eifrig noch mehr Heu für die Kühe.
Danach gehen wir über die Wiesen spazieren, vorbei am Teich, in dem sich gerade viele kleine Frösche tummeln.
Der Musterhof ist ein Ort zum Wohlfühlen, der jenen Partnerbetrieben, die auch Teil des FairHof Projekts sind oder sein wollen, als Vorbild dient. Er ist das erlebbare Ziel, das die Familie Hütthaler für konventionelle Betriebe gesteckt hat. Dieses Ziel begeistert mich.
FairHof ist wichtig: Vom Status quo und hohen Zielen
Dass es den Tieren Zeit ihres Lebens so gut geht wie hier, ist in der Nutztierhaltung leider alles andere als selbstverständlich: Dort stehen wirtschaftliche Interessen in der Regel über dem Wohl der Tiere. Die Familien Hütthaler – als einer der größten Fleischerzeuger des Landes – und Hofer möchten hier den Wandel hin zur tiergerechteren und nachhaltigeren Nutztierhaltung unterstützen. Da ich mich von ihrem wichtigen Tun selbst vor Ort überzeugen konnte, weiß ich: Das gelingt ihnen mit diesem Projekt.
Ziel von FairHof ist es, die Produktionsbedingungen sowohl für die Tiere, als auch für die Bauern zu verbessern und die regionale Landwirtschaft zu fördern. Es gilt, auch in der konventionellen Tierhaltung maßgebende Kriterien umzusetzen, die bedeutend zur Zufriedenheit der Tiere und zu ihrer Gesundheit beitragen. So will man dem Wunsch der Kunden nach qualitativ hochwertigem Fleisch aus der Region zu einem leistbaren Preis nachkommen.
Natürlich wollen Bauern, für die ihre Betriebe ihr täglich Brot bedeuten, dass die nötigen Investitionen sich lohnen. So garantiert FairHof den Landwirten einen Aufschlag bei der Bezahlung und die Abnahme der Waren für fünf Jahre. Das soll ein Anreiz sein, das Geld für die notwendigen Änderungen an Stall und Co. durchführen zu lassen. Und es funktioniert: Mittlerweile konnten 24 Partnerbetriebe gefunden werden, die Teil von FairHof sind bzw. sein möchten.
Wie genau ist FairHof besser?
Schweine haben zum Beispiel doppelt so viel Platz wie gesetzlich vorgeschrieben. Neben großen Stallungen verfügen sie über zusätzlichen Auslauf und können täglich frische Luft schnappen. Fress- und Liegeplätze sind getrennt, die Stroheinstreu im Stall verpflichtend. Die Tiere sind gesünder und es geht ihnen besser. Die Transportwege der Schweine sind wesentlich kürzer (maximal 50 km), schmerzhafte Treibhilfen sowie das Kupieren der Ringelschwänzchen verboten.
Nachdem wir den Musterhof besucht hatten, durften wir uns auch bei einem der Partnerbetriebe des FairHof Projekts ein Bild von der Haltung der Schweine machen. Die Eindrücke, die wir dort sammelten, entsprechen genau den Fotos, die auch auf der Homepage des Projekts zu sehen sind. Hier wird nichts geschönt. Das finde ich überaus wichtig, denn wir wissen ja leider, dass Werbung oft lügt. Hier nicht. Fein ist das.
Omnivor, vegetarisch, vegan – in jedem Fall aber: Bewusst!
Ich sehe mich als sehr kritischen Menschen, hinterfrage gerne und bemühe mich auch, wirklich hinzusehen – in möglichst allen Bereichen meines Lebens. So stehe ich auch dem Fleischkonsum an sich und vor allem der Art, wie wir in der 1. Welt Fleisch konsumieren, kritisch gegenüber. Wie so oft sind wir Menschen maß- und leider oft auch hirnlos dabei, denken nicht an morgen, nicht an die Lebewesen, die wir essen und nicht an die Menschen, die an der Produktion der Fleischwaren beteiligt sind.
Das muss sich ändern.
Wir müssen bewusst konsumieren, wie in der Mode, so auch hier. Das Nachdenken über unsere Taten muss sich wie ein roter Faden durch unser aller Leben ziehen. Aber ich werde philosophisch…
Ich selbst habe ein Jahr lang vegetarisch gelebt, ein paar Monate davon vegan. Das war zu Zeiten meines Philosophiestudiums, bei dem ich mich viel mit Tierethik und erstmalig auch mit bewusstem Konsum beschäftigt habe. Von einem Tag auf den anderen begann ich wieder, mich omnivor zu ernähren, sprich: Fleisch zu essen.
Seither unternehme ich regelmäßig Abstecher in den Vegetarismus, bin am Herumprobieren, Nach- und Überdenken. Seit zwei Wochen ernähre ich mich nun wieder vegetarisch, bereite viele Gerichte gänzlich vegan zu und es fühlt sich gut an. Meine persönliche, finale Antwort habe ich noch nicht gefunden. Zumindest was diesen Bereich meines Lebens angeht, suche ich noch.
Iss, was du willst aber schau, woher’s kommt!
Das ist wohl mein Appell an dich: Kauf bewusst – egal, was.
Neben meiner ganz persönlichen Suche steht eines für mich fest: Wir Menschen werden noch sehr lange Fleisch konsumieren. Vielleicht solange es uns gibt. Hier ist es entscheidend, uns bewusst zu machen, welche Auswirkungen unser Verhalten auf uns selbst und unsere Umwelt hat.
Ich empfinde das FairHof Projekt als sehr wichtigen und richtigen Schritt in eine nachhaltigere Zukunft. Es bedeutet ein lebenswerteres Leben für die Tiere und weniger Leid.
FairHof ist eine Möglichkeit für Bauern, ihren Arbeitsalltag entscheidend zu verbessern. Mit gesünderen Tieren und mehr Lohn für ihre Arbeit. Und wir können Vertrauen in die Herkunft und Qualität der Fleischwaren, die wir konsumieren.
Was denkst du über Projekte wie FairHof?
Interessante Links:
- Dokumentarfilm „Bauer unser“ auf Wikipedia
- „Artgerechte“ Tierhaltung ist nicht genug: Hofkultur Grundsätze
- Projekt2020
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Beitrag im Rahmen einer individuellen Pressereise mit Hofer. Für diesen Artikel wurde ich nicht bezahlt.
Fotos und Text © Mini and Me e.U.
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Eine Antwort
Hallo!Wichtig wäre es auch zu wissen ,wohin die männlichen Kälbchen von der Milchproduktion kommen!Ins Ausland?Das wäre erschreckend!Ich denke ,Sie wissen wie es diesen Tieren dort ergeht!?Schon der Transport,ist grauenvoll!Würde gerne eine Info erhalten!Liebe Grüsse, Frau Wunder!